Karriereknicke

Karriere Nr. 06 vom 01.06.2005, Titelgeschichte

Karrieren ohne Brüche sind längst nicht mehr die Regel: Gut ausgebildete Menschen verlieren im Rahmen von Umstrukturierungen ihre Jobs, scheinbar sichere Berufe werden nicht mehr nachgefragt. Für viele der Jüngeren sind so genannte Patchwork-Karrieren die Normalität. Wie gehen Menschen damit um, was sollten sie beachten?

Karriereknicke – Na und?!

Verlieren, Durchfallen, Scheitern – macht keinen Spaß. Aber Knicke in der Karriere sind nicht das Ende. Sie haben sogar ihr Gutes: Wir wachsen an Niederlagen mehr als an Erfolgen. Wer immer nur geradeaus geht, verpasst, was links und rechts liegt.

Hören wollen sie sie alle, die Geschichten von Pleiten, Pech und Pannen. Rappelvoll ist der Zuschauersaal bei der “Show des Scheiterns” in einem Berliner Hinterhoftheater. Abend für Abend. Trotzdem: Freiwillige Referenten zu finden, die auf der Bühne über missglückte Erfindungen, Unternehmenspleiten oder Studienabbrüche erzählen, bleibt für den Initiator Boris Jöns schwer. “Glatte Erfolgsmeldungen vernimmt man dagegen überall zur Genüge”, sagt der Berliner Künstler, der eine “allgemeine Tendenz zur Auslassung” festgestellt hat. Und so setzen Jöns und Kollegen mit ihrer Vortragsreihe über persönliche Niederlagen den langweiligen Aufschneidereien “Mein Job, mein Boot, meine Frau” die Geschichten entgegen, die das wahre Leben schreibt.

Tatsächlich verläuft kein Lebensweg gerade. Dennoch sind die Knicke für die meisten tabu. Die Berliner Psychologin und Karriereberaterin Brigitte Scheidt weiß das Phänomen zu erklären. “Unsere typische Reaktion auf Misserfolge ist: Alle anderen können das – nur ich packe es nicht.” Solche “Insuffizienzgefühle”, wie es in der Psychologie heißt, erschüttern das Selbstbild, lösen Wut und Scham aus. “Und wer sich schämt, spricht nicht gerne darüber”, sagt Scheidt. Das lässt sich etwa bei Tennisprofis beobachten: Der Verlierer verlässt den Platz schneller und stiller als der Sieger.

Brüche sind an der Tagesordnung > Dabei sind berufliche Nackenschläge heute eher Regel als Ausnahme. Fast 50 Prozent der karriere-Leser haben schon einen Karriereknick gemeistert – im Studium, als selbstständiger Unternehmer oder am Arbeitsmarkt (siehe Grafik S. 43). Kein Wunder: Die Wirtschaftsflaute verschont auch den Ehrgeizigsten nicht. Entlassungswellen schwappen durch alle Branchen. “Einmal Opel, immer Opel” gilt für Karrieren nicht mehr. Die Telekom etwa will jährlich 6.000 Arbeitsplätze abbauen. Auch die Großbanken geben nicht mehr die Jobgarantie, die die Eltern einst anpriesen. In diesem Jahr streichen Deutsche und Dresdner Bank, Commerz- und HypoVereinsbank insgesamt weit über 10.000 Stellen (karriere 01/05).

Kompletten Artikel als PDF herunterladen …

Bild von Hans Braxmeier auf Pixabay