Resilienz – Wie stärken Sie Ihre berufliche Stabilität in einer unsicheren Welt?

Die Krankenkassen schlagen Alarm angesichts der signifikant steigenden Anzahl von psychischen Erkrankungen einschließlich der Diagnose Burn-Out. Der volkswirtschaftliche Schaden wird auf jährlich ca.17 Milliarden veranschlagt, Tendenz steigend. Unternehmen investieren angesichts der Kosten durch die Ausfälle vermehrt in Prävention. Das Zauberwort lautet Resilienz. Damit greift man auf ein psychologisches Konzept zurück, das den Unterschied erforscht, wie es dazu kommt, dass einige Menschen, schwere belastende, ja traumatisierende Erlebnisse gut verkraften, während andere danach kaum mehr auf die Beine kommen. Was zeichnet diese Individuen jeweils aus? Diese Erkenntnisse versucht man für die sich rasant ändernde Arbeitswelt zu adaptieren.

Die Arbeitswelt wird schneller und vielfach unüberschaubarer

Beobachtbar ist, dass die Arbeitsverdichtung zunimmt. Die Arbeit wird internationaler, interkultureller. Feste Arbeitsplätze verschwinden. Berufe mit hohem Automatisierungs- potenzial drohen überflüssig zu werden. Die Digitalisierung, verändert Kommunikation und Arbeitsweisen. Spezialwissen verliert durch neue Techniken schnell seinen Wert. Die Zusammenarbeit mit Menschen erfolgt über verschiedene Zeitzonen. Teams werden auf Zeit gebildet. Ständige Erreichbarkeit und Flexibilität wird erwartet. Der/ die Einzelne wird immer mehr auf sich zurückgeworfen.

Für Entscheider wird die Verunsicherung größer und damit der Druck. Niemand weiß, ob die alten Branchen wie Autoindustrie, Banken u.a. in 20 Jahren noch in der jetzigen Bedeutung Bestand haben oder ob sie abgelöst werden, weil z.B. die Softwarebranche die führende Rolle übernimmt. 3 D Drucker werden Produktionsprozesse auf vielen Gebieten verändern. In der Medizin wird z.B. geforscht wie Organe für Transplantationen auf diesem Wege hergestellt werden können. Zum Teil sind radikale Umwälzungen, sog. disruptive Veränderungen im Gange. Jederzeit kann irgendwo auf der Welt eine Erfindung auftauchen, die das eigene Geschäftsmodell grundsätzlich in Frage stellt. Diese VUCA-Welt (Volatility Uncertainty Complexity Ambiguity) erfordert Manager mit einer guten Resilienz.

Was versteht man unter Resilienz?

Es gibt keine einheitliche Definition von Resilienz. Hier die Meine:
Resilienz beschreibt die seelische bzw. psychische Widerstandskraft, die einen Menschen befähigt herausfordernde, ja auch extremst belastende Situationen zu bestehen, ohne dabei zusammen zu brechen und ohne anschließend einen nachhaltigen psychischen Schaden davon zu tragen. Man könnte wohl als ein außergewöhnliches Beispiel für resilientes (Führungs-) verhalten Nelson Mandela nehmen, der 27 Jahre Haft als politischer Gefangener überlebt hat, anschließend erster schwarzer Präsident von Südafrika wurde und trotz des erlittenen Unrechts für die Versöhnung zwischen weiß und schwarz eingestanden ist.
Resilienz speist sich aus persönlichen Faktoren (Selbstwertgefühl, Erwartung von Selbstwirksamkeit, Optimismus, Werte, Umgang mit Niederlagen, u.a.) dem Zusammenspiel mit dem jeweiligen Umfeld (Familie, Gesellschaft, u.a.) wie den Prozessfaktoren (Lösungs- versus Lageorientierung, Fähigkeit Unveränderliches anzunehmen, u.a.).

Kann man Resilienz lernen?

Aus meiner Sicht kann man lernen, achtsamer mit sich und anderen zu werden. Ein gutes Selbstwertgefühl wie Zutrauen in die eigenen Kompetenzen kann man als Person entwickeln im Sinne eines persönlichen Reifeprozesses. Ob man eher mit einem positiven oder mit einem negativen Blick auf die Welt zugeht, scheint ererbt oder frühkindlich erworben. Die Ausgangsbedingungen für Resilienz sind nicht gleich, sie werden von Dispositionen und biographischen Erfahrungen geprägt. Aber man kann sich dahin entwickeln, gut für sich zu sorgen – denken Sie daran, die Verantwortung dafür wird Ihnen wohl niemand nehmen.

Die folgenden Fragen spezifizieren einzelne Aspekte, die zu Resilienz führen:

Wie steht es um Ihre Resilienz?

Leben Sie in einer Partnerschaft, Familie, haben Sie gute Freunde auf die sie zählen?
Eine gute Partnerschaft, eine Familie mit der man sich verbunden fühlt wie auch Freunde für die man und denen man wichtig ist, sind wichtige Ressourcen. Sie können unterstützen, Korrektive sein. Das Eingebundensein mit Anderen gibt Halt. Man wird ggf. erinnert, dass im Leben nicht nur die Arbeit zählt.

Pflegen Sie Ihre Hobbies?
Ein Interesse, ein Engagement außerhalb der Arbeit kann Kraft spendend sein. Mit freiem Kopf kann man neu hinschauen. Wenn Ihnen nichts einfällt, was haben Sie früher gerne gemacht?
Haben Sie den Eindruck, dass Sie die anstehenden Aufgaben bewältigen oder fühlen Sie sich eher getrieben?
Für die innere Balance ist das Gefühl, seine Arbeit bewältigen zu können wichtig. Die Fähigkeit, „Drauf zu schauen“ gehört dazu. Wenn Sie sich unwohl und getrieben fühlen, machen Sie sich bewusst, was genau führt dazu? Setzen Sie sich unter Druck oder tun das andere? Fühlen Sie sich eingeschränkt? Gibt es strukturelle Probleme, an wen können Sie sich wenden? Haben Sie auf Ihre Grenzen geachtet oder sollten Sie anderen Grenzen setzen?

Können Sie auch in schmerzlichen Erfahrungen einen Sinn für sich erkennen, bzw. einen Sinn geben?
Viele Forschungen zeigen, dass Menschen, die religiös oder spirituell gebunden sind, Krisen besser bewältigen. Dahinter steht, dass Menschen, schwere Erlebnisse einfacher verkraften, wenn ein Sinn erkennbar ist. Hilfreich kann auch sein, jede Erfahrung (z.B. Niederlage) als eine Lernerfahrung zu sehen, die einen weiterbringen kann. Diese Haltung ermöglicht auch Schicksalsschläge (Verlust einer Position) in das eigene Leben einzubauen und so anzunehmen.

Haben Sie ein gutes Selbstwertgefühl oder neigen Sie dazu sich selbst klein zu machen?
Ein gutes Selbstwertgefühl geht einher mit der Sicherheit, ich habe Einfluss und kann Dinge bewältigen (Selbstwirksamkeit). Fehlt diese, dann fühlt man sich eher fremdbestimmt. Machen Sie sich regelmäßig bewusst, was Sie gut können und was Sie schon alles bewältigt haben.

Ärgern Sie sich viel? Fahren Sie leicht aus der Haut? Können Sie eher gelassen bleiben? Hier geht es um Impulskontrolle. Sich ständig zu ärgern, trifft Sie selbst am meisten Überlegen Sie wie Sie sich beruhigen könnten. Was würden Sie z.B. einem Freund sagen?

Gehen Sie eher mit Besorgnis an Aufgaben heran oder mit Zuversicht?
Menschen, die mit Zuversicht herangehen, wissen meist, was Sie können. Sie bestärken sich, in dem Sie sich erinnern, dass Sie bereits viele Aufgaben bewältigt haben. Sollten Sie eher zum Gegenteil neigen: Schreiben Sie auf, was auch Ihnen bereits alles gelungen ist.
Sind Sie in der Lage, wenn es schwierig wird, sich auf die Lösung zu konzentrieren oder hadern Sie eher mit sich und der Welt?
Hier geht es um die Fähigkeit in herausfordernden Situationen Zugriff auf die eigene Handlungsfähigkeit zu behalten bzw. zu bekommen. Die Leitfrage heißt: Was steht an? Dauerhaftes Hadern, sich als Opfer zu sehen, erweist sich eher als Energieverschwendung. Wechseln Sie daher die Perspektive: was würden Sie tun, wenn sie sicher wären, dass Ihre Initiative erfolgreich wäre ?

Können Sie einen Misserfolg in Ihr Selbst einbauen im Sinne von lessons learnt oder tragen Sie es sich die nächste Wochen und Monaten nach?

Niemandem gelingt alles und natürlich scheitern wir auch, mal mehr oder weniger. Die Fähigkeit auch solche Erfahrung als eine Lernmöglichkeit zu sehen, befähigt uns zu wachsen. Nach der Analyse großzügig mit sich zu sein und auch diese Erfahrung als Lernschatz zu betrachten ist auch eine Ressource.

Die angeführten Beispiele wie die Anregungen erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern möchten Sie einladen, sich mit Ihrer Resilienz zu befassen. Menschen, die so in ihrer Mitte sind, können auch in Stresssituationen, die notwendige Distanz halten, lassen sich weniger treiben und können auch „Nein“ sagen. Wenn Sie die Fragen für sich positiv beantworten, prima. Resilienz ist nicht immer gleich, daher empfiehlt es sich immer wieder mal zu überprüfen, bin ich noch bei mir. Im anderen Falle könnten Sie überlegen, ob und wenn ja, was Sie tun könnten, um Ihre Resilienz auszubauen, damit Sie im (Arbeits-) leben gut bestehen können.

Autoreninformation:

Brigitte Scheidt, Diplompsychologin, Psychologische Psychotherapeutin, Autorin, Karriereberaterin unterstützt erfolgreich seit über 20 Jahren Menschen bei beruflicher Neuorientierung und in anderen beruflichen Veränderungsprozessen. Ihr Augenmerk liegt insbesondere auf die Lösung von Blockaden und entwicklungsorientiertem Coaching (Ich- Entwicklung).

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