Und Corona platzte in unser Leben

Das Leben ändert sich. Selbstverständlichkeiten und Gewissheiten lösen sich auf. Geschäftsreisen werden auf ein Minimum reduziert, Homeoffice wird zur neuen Selbstverständlichkeit, Kinder werden zu Hause unterrichtet. So löst sich für die Einen die Trennung von Leben und Arbeiten zumindest zeitweilig auf. Die Kassiererin, der Müllmann und die Gesundheitsberufe, meist unterbezahlt, werden für systemrelevant erklärt, Fußballprofis, Geschäftsinhaber ja auch Konzerne erhalten Berufsverbot beziehungsweise müssen schließen. Die Welt kann ganz anders sein – eine neue Erfahrung. Es ist eine Zeit für grundsätzliche Neuorientierung.

Warum das alles und noch viel mehr an Zumutungen? Es gibt ein Virus, das unbekannt ist, das Schreckliches anrichten kann, wie wir den Bildern speziell aus Italien, Spanien, Frankreich und USA entnehmen konnten. Wir wissen wenig über das Virus, weswegen der Podcast des Virologen Drosten ebenso wie der Heute Brennpunkt und die Pressekonferenzen der Kanzlerin zu Quotenhits wurden. Es gibt kein Medikament, das heilen kann, keine Impfung, die schützt. Corona, so heißt dieses Virus, das mittlerweile Menschen auf der gesamten Welt bedroht. Weltweit werden wir uns als Kollektiv und als einzelne unserer Verletzlichkeit bewusst. Auch wenn diese Krankheit besonders gefährlich für alte und kranke Menschen ist, so sterben auch junge im Alter zwischen 15 und 40 Jahren und andere im Alter von 85 und 99 überstehen sie. Niemand ist gefeit, denn wir wissen nicht, was der eigene Körper dem Virus entgegen zu setzen hat.

Es gibt nun weitere gemeinsame Erfahrungen: a) wir sind relativ ohnmächtig, unsere fortschrittsgläubige, technikorientierte Welt, vor allem gewinnorientiert, mit der Haltung alles sei machbar, kommt durch einen Virus aus dem Tritt und wir auch. b) Wir brauchen einander, zumindest die Rücksicht von jedem Einzelnen. Es ist eine Zeit, in der gesellschaftliche Fragen, Prioritäten, Werte, sicherlich neu diskutiert und verhandelt werden, gerade auch angesichts der drohenden Wirtschaftskrise.

Zwangspause! Für nicht wenige endlich mal Zeit, Zeit innezuhalten und neu zu gewichten, sich neu zu orientieren. Es ist schon ein Privileg in der privilegierten Situation zu sein, sich zu überlegen: Was ist mir wirklich wichtig: Beruflich wie privat?

Ja, es ist auch eine stressige und anstrengende Zeit! Pläne, Projekte platzen für viele, sei es sei es lange Auftritte von Künstlern, sei es das Geschäft, das Restaurant, das just im März 2020 aufgemacht hast, sei es der Sommerurlaub, der nicht sicher ist. Die Zukunft ist ungewiss. Aber anders gedacht, was macht diese Coronazeit – sicherlich nur für manche – auch möglich? Für manche Menschen ist es der erlaubte Ausstieg aus dem Hamsterrad, für andere, ich bekomme zum ersten Mal seit Jahren meine Familie mit, eine zweite Elternzeit. Vielleicht überlegen Sie: für was sind Sie auch dankbar, trotz allem Negativen. Was konnten/ können Sie neu erfahren, wieder beleben, neu lernen und, und, und?

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