Zur Sache: Wertediskussion – Ist die Einhaltung von Werten profitabel?

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.12.2005, Nr. 300, S. 55

Mittel- und langfristig ist die gelebte Orientierung an Werte ökonomisch rational. Wer dies missachtet, sollte sich über Korruption und Söldnermentalität im Unternehmen nicht wundern.

Zu Feiertagen werden Werte gerne verbal beschworen. Nur, zwischen Worten und Taten klaffen oft Welten. Moral kann man sich leider nicht immer leisten, oder? Zunächst: Werte sind die Basis für explizite Normen wie Gesetze, aber auch für implizite Regeln des Umgangs. Sie bieten uns a) Orientierung für unser Handeln: Was ist erlaubt? Was ist gut? Was erkennen wir als wichtig an? und b) Schutz: Was können wir von anderen erwarten, worauf uns verlassen? Was zählt ein Leben? Gab es früher einen breiten Konsens, welche Werte galten, so kann man nun unter vielen wählen. Und dies je nach Situation. So fehlt heute eine Vergemeinschaftung von Werten. Es ist, als ob sich auf einer Tanzfläche jeder nach einer anderen Musik bewegt. Auf dem Tanzboden ist dies schwierig, in Unternehmen wäre das katastrophal. Daher lassen sie Werte in Form von Leitbildern und Leitkulturen formulieren, auf die die Mitarbeiter verpflichtet werden. Damit Werte wirklich tragen, müssen sie jedoch von den einzelnen geteilt und verinnerlicht werden. Dies ist ein Prozeß, der nur mit den Mitarbeitern gelingt. Die erklärten Werte müssen auch (vor-)gelebt werden. Die Glaubwürdigkeit ist dahin, wenn Führungskräfte zynisch mit Werten umgehen und statt des erklärten Respekts Abwertung und Kampf vorherrschen. Überhaupt ist in vielen Unternehmen häufig von Kampf die Rede: War of talents, feindliche Übernahme, Verkaufsfront. Mitarbeiter werden unterschieden in Rekruten, Unteroffiziere, Generäle. Es hat Auswirkungen, wenn wir uns einer Kriegssprache bedienen. Sprache ist auch Ausdruck von Bewußtsein und wirkt auf unser Tun.

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